Grundsatz: Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 20. Dezember 2022 entschieden, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht automatisch nach 15 Monaten verfiele bzw. verjähre (9 AZR 266/20).

Kein Automatismus: Weder komme es automatisch zu einem Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruchs noch verjähre dieser automatisch nach Ablauf des Übertragungszeitraums von 15 Monaten. Dies lasse sich mit dem Unionsrecht nicht vereinbaren.

Arbeitgeberverpflichtung: Jedenfalls komme es dann nicht zu einem Verfall bzw. zu einer Verjährung, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht zuvor ausdrücklich und rechtzeitig in die Lage versetzt habe, den Urlaub zu nehmen bzw den Mitarbeiter zuvor nicht ausdrücklich davor gewarnt habe, dass der Urlaubsanspruch andernfalls auch verjähren könnte.

Praxistipp: Diese Entscheidung überzeugt dogmatisch. Das nationale Urlaubsrecht steht in einer engen Verbindung zum Unionsrecht – das Gut der Erholung gilt es einfach zu schützen, so rechts- und sozialstaatliche Gedanken. Aufgrund dieses hohen Schutzgutes ist es auch nur angebracht, dass auch der Arbeitgeber in dem Arbeitsverhältnis, welches als Dauerschuldverhältnis ausgestaltet ist, in der Verantwortung und Verpflichtung steht, die Mitarbeiter über den Urlaub ausreichend zu informieren bzw. daran zu erinnern, dass dieser auch genommen werden müsse. Das lässt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers seinen Mitarbeitern gegenüber ableiten. Wenn dies nicht geschieht, ist es nur folgerichtig und dogmatisch zudem haltbar, dass der Urlaubsanspruch dann auch nicht verfallen bzw. verjähren kann. Verweigert hingegen der Mitarbeiter die Inanspruchnahme des Urlaubs, gilt dies freilich nicht und der Verfall bzw. die Verjährung ist gerechtfertigt im Hinblick auf die – rechtswidrige -Entscheidung des Mitarbeiters. Diese Rechtsprechung sollten daher alle Arbeitgeber und Mitarbeiter kennen!