Grundsatz: Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat mit Urteil vom 20. August 2025 entschieden, dass der betriebsverfassungsrechtliche Sonderkündigungsschutz nicht in der Wartezeit Anwendung finde, auch nicht für den sog. „Vorfeld-Initiator“ einer Betriebsratswahl (10 SLa 2/25).
Kein Sonderkündigungsschutz: Der Sonderkündigungsschutz i.S.v. § 15 Abs. 3b KSchG fände keine Anwendung in der Wartezeit des § 1 KSchG, auch unbeschadet dessen, dass es sich um einen „Vorfeld-Initiator“ für die Wahl des Betriebsrats handele. Praxistipp: Diese Entscheidung überzeugt dogmatisch! Das Kündigungsschutzgesetz enthält mit § 15 KSchG spezielle Regelungen zum betriebsverfassungsrechtlichen Sonderkündigungsschutz – so auch für die Initiatoren bzw. sog. „Vorfeld-Initiatoren“ einer Betriebsratswahl. Obgleich die grammatikalische Auslegung der Norm, hier: speziell es § 15 Abs. 3b KSchG, keine fristwahrende Regelung enthält, so eröffnet sich der sachliche Anwendungsbereich des Sonderkündigungsschutzes erst nach Ablauf der in § 1 Abs. 1 KSchG normierten Wartezeit. Dies ergibt sich gemäß der systematischen Auslegung des Gesetzes, steht der besondere betriebsverfassungsrechtliche Sonderkündigungsschutz im systematischen Licht der allgemeinen Regelung zur Wartezeit, die die Eröffnung des Kündigungsschutzrechts dem Grunde nach abhängig macht von dem Erfüllen der Wartezeit, die an allererster Stelle im Kündigungsschutzgesetz verankert ist. Deswegen ist es auch nur stringent, dass die allgemeine Regelung Anwendung findet, nach der ein Arbeitnehmer bzw. Betriebsratsmitglied oder wie hier Initiatoren einer Betriebsratswahl sich erst dann auf den Sonderkündigungsschutz gem. § 15 KSchG berufen kann, da keine speziellere Fristregelung in § 15 KSchG geregelt ist. Deswegen überzeugt die Entscheidung in dem hier gegebenen Licht, dass im Rahmen der Wartezeit (vorliegend befand sich der Initiator sogar noch in der Probezeit) keine Anwendbarkeit des Sonderkündigungsschutzes möglich ist. An diesem Ergebnis ändert sich auch nicht ein mögliches Prüfen, ob es sich um eine (mögliche) Behinderung der (zukünftigen) Betriebsratsarbeit handelt.