Grundsatz: Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 21. Februar 2024 entschieden, dass sich im Fall einer nicht erfolgten Beteiligung des Betriebsrats zu Entlohnungsgrundsätzen Arbeitnehmer, die durch die allein vom Arbeitgeber vorgenommenen Veränderungen schlechter gestellt werden, auf die vormals geltende Vergütungsordnung beziehen können (10 AZR 345/22).
Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzungen: In diesen Fällen gelte die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzungen zur Anwendung.
Praxistipp: Diese Entscheidung überzeugt dogmatisch! In Fällen gesetzlich vorgegebener Mitbestimmung des Betriebsrats, so wie bei den sozialen Angelegenheiten i.S.d. § 87 Abs. 1 BetrVG, bedingt durch das mögliche Einigungsstellenverfahren, ist es zwingend, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat auch beteiligt. Verstößt er dagegen, begeht er eine Rechtsverletzung; die mitunter auch ein sog. „23-Verfahren“ (vgl. § 23 Abs. 3 BetrVG) begründen könnte. Die betriebsverfassungsrechtliche Beteiligung bzw. Rechtsstellung des Betriebsrats wäre hinfällig und ad-absurdum geführt, würde dieser Verstoß folgenlos bleiben. Ein solcher „zahnloser Tiger“ wäre wider des Telos der erzwingbaren betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung, würde die Betriebsratsarbeit nahezu überflüssig werden lassen, wenn sie nur „auf dem Papier“ gelten würde. Deswegen überzeugt nicht nur dogmatisch, sondern auch teleologisch die Anwendbarkeit der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzungen in solchen Fällen. Nur im Fall rechtlich wirksamen Handelns ist es überzeugend, wenn sich in diesen Fällen die Rechtslage ändert. In allen übrigen Fällen muss die Rechtslage so weitergelten, wie sie vor der Änderung war; gemessen am letzten rechtmäßigen Stand. Dass die Arbeitnehmer somit eine Vergütung nach vorherigem, rechtmäßigem Stand vom Gericht zugesprochen bekamen, überzeugt damit in Gänze! Diese Rechtsprechung sollten dennoch alle Arbeitgeber und Betriebsratsmitglieder kennen!