Grundsatz: Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 20. Mai 2025 entschieden, dass für ausgefallene Betriebsratsmitglieder nicht zwingend ein Ersatzmitglied für die anstehende Betriebsratssitzung, besonders dann, wenn das Momentum der „Rechtzeitigkeit“ der Ladung nicht (mehr) gewahrt werden könne, geladen werden müsste (1 AZR 35/24).

Kein zwingendes Ladungsrecht: Es gäbe Situationen, in denen die Ladung eines Ersatzmitglieds nicht möglich sei, dennoch könne die Betriebsratssitzung rechtmäßig stattfinden.

Heilung von Betriebsratsbeschlüssen: Eine Betriebsvereinbarung sei im Fall eines nicht ordnungsgemäßen Beschlusses schwebend unwirksam, diese Situation könne aber durch einen rechtmäßigen Beschluss nachträglich geheilt werden.

Praxistipp: Diese Entscheidung überzeugt dogmatisch! Hinsichtlich der Ladungsthematik überzeugt die Rechtsprechung vollends – sowohl dogmatisch als auch tatsächlich. Obgleich § 29 Abs. 2 S. 6 BetrVG dem Betriebsratsvorsitzenden eine originäre Ladungsverpflichtung auferlegt, gibt es dennoch (Ausnahme-)Fälle, in denen dieses Momentum nicht gewahrt werden kann – tatsächlich besonders in solchen Situationen, in denen das zu ladende Ersatzmitglied „überrumpelt“ werden würde und keine Zeit (mehr) besteht, sich auf die Betriebsratssitzung vorzubereiten. Dies ist nicht nur tatsächlich zu begründen, sondern auch dogmatisch – das Tatbestandsmerkmal der „Rechtzeitigkeit“ der Ladung kann nicht gewahrt werden. Insoweit steht die Rechtsprechung auch im Licht der praktischen Betriebsratsarbeit.

Kritischer wird jedoch die, vom Bundesarbeitsgericht bestätigte Rechtsansicht der nachträglichen Heilungsmöglichkeit gesehen – ohne diese dem Grunde nach anzugreifen, vielmehr wird sie zum Anlass genommen, dieses Thema bei den Betriebsratsmitgliedern zu sensibilisieren. Heilungen durch nachfolgende Beschlüsse sind gem. § 184 Abs. 1 BGB analog rechtsdogmatisch möglich, sollten aber – wenn überhaupt – die Ausnahme darstellen; dem Grunde nach haben die Betriebsratsmitglieder die Pflicht, rechtmäßige Beschlüsse zu fassen – die bspw. die Grundlage für eine Betriebsvereinbarung darstellen. Da die Möglichkeit der Heilung jedoch besteht, soll sie auch erwähnt werden – erlaubt mit dem praktischen Hinweis, dass die Gremien bitte von vornhinein rechtmäßig beschließen i.S.v. § 33 BetrVG.

Diese Rechtsprechung sollten demnach alle Arbeitgeber und Betriebsratsmitglieder kennen!