Grundsatz: Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 20. Dezember 2022 entschieden, dass Tarifverträge nicht nachwirken, die gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zur Anwendung kommen über andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen (3 TaBV 31/22).

Dogmatik: Die Tarifnormen nach § 3 Abs. 1 BetrVG verdrängen nur temporär für die Dauer ihrer Zeit die normative Geltung des betriebsverfassungsrechtlich geschaffenen Organisationsrechts. Enden hingegen die normativen Tarifnormen, dann trete unmittelbar wieder das gesetzliche Organisationsrecht als höherrangiges Recht an die Stelle, sodass es nicht zu einem überbrückenden, regelungslosen Zustand gem. § 4 Abs. 5 TVG komme.

Praxistipp: Diese Entscheidung überzeugt dogmatisch! Auch wenn diese Entscheidung sehr dogmatischer Natur ist, so ist sie dennoch wichtig. In der Betriebsratspraxis kommt es häufiger vor, dass abweichende Vereinbarungen i.S.d. § 3 BetrVG geschlossen werden. Wird dabei auf einen Tarifvertrag Bezug genommen und endet dieser, dann enden auch – dogmatisch stringent – die geschaffenen abweichenden Bestimmungen. Dass diese keine Nachwirkung entfalten, ist nur überzeugend, da die Nachwirkung i.S.d. § 4 Abs. 5 TVG nur für Tarifverträge gilt. Eine betriebsverfassungsrechtliche Nachwirkung i.S.d. § 77 Abs. 6 BetrVG scheidet mangels der erzwingbaren Mitbestimmungspflicht aus, da § 3 BetrVG eine solche nicht begründet. Diese Rechtsprechung sollten daher alle Arbeitgeber und Betriebsratsmitglieder kennen!