Ordnet der Arbeitgeber das Tragen bestimmter Kleidung (Beispiel: Bekleidung, die das Emblem des Arbeitgebers trägt) an, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, ist diese Zeit des Umkleidens vom Arbeitgeber zu vergütende Arbeitszeit. Dies hat das Bundesarbeitsgericht am 26. Oktober 2015 (5 AZR 168/16) entschieden.
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beinhaltet neben der inhaltlichen Aussage auch (prozessuale) Erleichterungen, auf die sich der Arbeitnehmer – sollte es zu einem gerichtlichen Verfahren kommen – beziehen kann:
Der Arbeitnehmer, dem das Tragen bestimmter Kleidung, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss, vom Arbeitgeber auferlegt worden ist, trägt in einem gerichtlichen Verfahren, sollten die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über die Bezahlung der Umkleidezeiten scheitern, auch wenn es gewisse gesetzliche Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren gibt, dennoch die allgemeine Darlegungs- und Beweislast bezüglich folgender (anspruchsbegründender) Voraussetzungen:
1. Umkleidezeiten (und unter Umständen Wegezeiten) sind angefallen, weil
2. der Arbeitgeber das Tragen bestimmter Kleidung angeordnet hat und deswegen
ist
3. in dem gerichtlich geltend gemachten zeitlichen Umfang Arbeitszeit angefallen
Kann der Arbeitnehmer diese Voraussetzungen nicht darlegen und beweisen, hätte die Klage wenig Aussicht auf Erfolg.
Beachte: Das Bundesarbeitsgericht bestätigt zwar die grundsätzliche Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers, sollte die klagweise Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Bezahlung der Arbeitszeit für das Umziehen allein daran scheitern, dass der Arbeitnehmer nicht den genauen zeitlichen Umfang darlegen und beweisen kann, kommt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die gesetzliche Vorschrift der Schadensermittlung bzw. Ermittlung der Höhe der Forderung (§ 287 der Zivilprozessordnung) zur Anwendung – mithin würde das Tatgericht schätzen wie viel Arbeitszeit angefallen ist, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer kann grundsätzlich darlegen und beweisen, dass Umkleidezeiten (und unter Umständen Wegezeiten) auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind; eine Vergleichbarkeit mit anderen Arbeitnehmern, die derselben Tätigkeit nachgehen, wäre dabei der heranzuziehende Prüfungsmaßstab.
Achtung!: Diese gerichtliche Schätzung könnte, egal ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber die Schätzung für nicht realistisch einschätzen und dagegen vorgehen wollten, nur eingeschränkt revisionsrechtlich überprüft werden. Konkret müsste aus Sicht des Arbeitnehmers vor allem vorgetragen, also dargelegt und dann auch bewiesen (!) werden, dass das Tatgericht Aspekte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Im Ergebnis sollten Arbeitnehmer und Betriebsräte daher auf diese Rechtsprechung Bezug nehmen und das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen, sollte diesbezüglich bislang keine entsprechende Regelung getroffen worden sein – damit keine Arbeitszeit verschenkt wird!