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Fahrt von zuhause zum Kunden als (vergütungspflichtige) Arbeitszeit

Grundlage:§ 2 ArbZG; § 1 MiLoG; § 611 BGB

Grundsatz:Mit Urteil vom 25. April 2018 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Fahrten zu den Kunden, für den Arbeitnehmer, als Arbeitszeit und somit als mindestlohnpflichtig anzusehen sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob Fahrtantritt und Fahrtende vom Betrieb oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen (5 AZR 424/17).

Hintergrund:Das Bundesarbeitsgericht bestätigte, dass es sich bei der ersten Fahrt morgens von zuhause zum ersten Kunden sowie bei der letzten Fahrt vom Kunden zurück nach Hause, um Arbeitszeit i.S.d. EU-Arbeitszeitrichtlinie auch damit auch des ArbZG handle.

Hinweis:Ergibt sich aus den einschlägigen tariflichen Regelungen des Arbeitnehmers, dass für die oben genannten Fahrten keine Vergütung geschuldet wird, so könne der Tarifvertrag dennoch nicht über den gesetzlichen Mindestlohn disponieren, weshalb die entsprechenden Fahrten mindestlohnpflichtig seien.

Jedoch bedeute dies nicht zwangsläufig, dass für diese Zeiten der Mindestlohn zusätzlich zum sonst geschuldeten Tarifentgelt zu zahlen sei. Vielmehr müsse das tarifliche Gesamtgelt, geteilt durch alle Arbeitszeitstunden und einschließlich der Fahrtzeiten wie oben genannt, höher als der der gesetzliche Mindestlohn sein.

Anmerkung:Dieses Urteil deckt sich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, insbesondere dessen Urteil vom 10. September 2015 (ArbRAktuell 2015, 451 m. Anm. Feldmann).

Dabei ist besonders wichtig, und wird hier vom Bundesarbeitsgericht nochmal deutlich gemacht, dass sich das Urteil nur auf die Frage der Arbeitszeit in Form der Menge bezieht und sich keine unmittelbaren vergütungsrechtlichen Konsequenzen ergeben, solange das „normale“ Gehalt deutlich über dem Mindestlohn liegt. Vergütungsansprüche können weder aus der EU-Arbeitszeitrichtlinie noch aus dem ArbZG abgelesen werden.

Rechtsfolge:Die erste Fahrt morgens zum Kunden und die letzte Fahrt vom Kunden zurück nach Hause sind Arbeitszeit und somit mindestlohnpflichtig, jedoch muss nicht jede Stunde, die als Arbeitszeit anzusehen ist auch automatisch zusätzlich bezahlt werden. Entscheidend ist, dass die Vergütung der Gesamtheit aller Arbeitszeitstunden zusammen den gesetzlichen Mindestlohn erreicht.

Von | 2018-09-08T10:58:17+02:00 8. September 2018|Arbeitsrecht|